Hallo zusammen
Ich erstelle hierzu mal ein separates Thema - wir haben hier im Forum die Ladeverluste angerissen und hier einen Thread zu den Realverbräuchen und der realen Reichweite. Jetzt wäre es doch gut zu wissen, was mir der GV60 wo (Fahrzeug, App) respektive die Ladesäule an der er angesteckt ist wie anzeigt. Mag für den ein oder anderen völlig klar/langweilig sein - vielleicht gibt's ja aber für jemanden etwas Neues daraus abzuleiten/zu verstehen!?
Das Beispiel ist anhand meiner letzten Langstreckenfahrt (Sa. 18.02.23) von Basel nach Leipzig (diesmal nicht über Nürnberg, sondern Eisenach).
Eckpunkte zur Fahrt
Start: 7:54 Uhr Ankunft: 15:29 Uhr
Temperatur: 13 °C am Start, 10°C am Ziel - zwischendrin kurz (<20 Minuten) leichter Regen, Fahrbahn insgesamt nur wenige km nass
Klimaautomatik auf 21-22 °C nur für Fahrer. Reifendruck ringsum 2,6 bar auf 19"-Winterrädern.
Knapp 725 km - Fahrtzeit nach ABRP: 5 h 34 Minuten kalkuliert bei einer Reisegeschwindigkeit von 150 km/h (im GV60 Tempomat 160 km/h - macht real ca. 153 km/h).
Reale Fahrzeit: 5 h 59 Minuten (da letzte Etappe mit 130 km/h und 1x IONITY besetzt)
von ABRP kalkulierte Ladezeit: 1 h 12 Minuten (5 Ladestopps zwischen 7 und 22 Minuten bei Start mit 48% SoC in Basel)
Reale Ladezeit: 17 + 12 + 8 + 49 = 86 Minuten
Leider konnte ich an der letzten 300 kW-Säule nur mit max. 75 kW ziehen, sodass es laut ABRP sinnvoller war, auf den letzten Ladestopp zu verzichten und stattdessen mit 140 km/h (Tempomat) die restlichen 216 km am Stück zurück zu legen - sonst hätte ich es erstmals auf der Strecke in knapp 7 h geschafft. So waren's dann wieder über 7 h 30 Minuten - wie schon so häufig in den letzten Monaten
Randnotiz (Verweis auf den Thread: IONITY besetzt / bzw. Ladeerfahrung ) nur der erste Ladestopp war bei IONITY (mit "Lappen" ) - der zweite Stopp war bei IONITY in Reinhardshain Süd angedacht, allerdings war die schier unglaubliche Anzahl von ganzen vier Ladern der mit EU-Steuergeldern überschütteten selbsternannten Speerspitze der Ladeinfrastruktur besetzt und ein ENYAQ wartete bereits, sodass es mit 12% SoC Rest zum vorher als Alternative herausgesuchten Ladepark an der nächsten Abfahrt ging.
und noch eine Randnotiz (Thread Akkuvorkonditionierung ) diese war bei mir auf der Fahrt ausschließlich für die erste Etappe aktiv (im Menü immer eingeschalten und jeden HPC-Lader als Zwischenziel im Navi hinterlegt). Da ich den ersten Lader mit 13% Rest angefahren bin, ging der Ladevorgang mit dezenten 119 kW los, bis er sich dann auf 190 kW hochreappelte. Durch die etwas flottere und kontinuierliche Fahrt ist der Akku dann für den Rest der Fahrt nicht mehr unter die Wohlfühltemperatur abgekühlt. Hat also immer zwischen 190 kW und 233 kW erreicht. Beim letzten Ladestopp mit 75 kW max habe ich die Akkutemperatur extra nochmals via Carscanner ausgelesen und das Minimum war bei 26°C - Maximum bei 35°C.
Im Folgenden also etwas aus den statistischen Aufzeichnungen, getreu meinem Lieblinsmotto diesbezüglich:
ZitatDer Jäger schießt links vorbei - der Jäger schießt rechts vorbei - statistisch war die Ente tot.
Wie bekannt, fallen beim Umwandeln von Energie Verluste an. Dies trifft auf das Beschleunigen, das Fahren selbst, das Bremsen, das Rekuperieren aber auch das Laden eines Elektroautos zu, Letzteres in Abhängigkeit von der Art des Lades (Wechselstromladen/Gleichstromladen) und letzten Endes auch von der Ladeleistung. Dies macht die Ermittlung eines "Durchschnittsverbrauchs" gar nicht so trivial - ich zeige im Folgenden, wie groß die Abweichungen am Beispiel einer Langstreckenfahrt ins Gewicht fallen können. Das ist übrigens kein reines Problem aus der Elektro-Auto-Welt. Auch beim Verbrenner ist's bei weitem nicht so einfach, wie man glauben mag. So schalten beim Volltanken die Ladesäulen bei unterschiedlichen Füllständen ab, die Temperatur hat einen Einfluss auf das Volumen im Kraftstofftank, bei ausreichend langer Standzeit verflüchtigt sich ein Teil des Kraftstoffs und neben Schwapp-Verlusten hat auch die Genauigkeit der geeichten Zapfsäule und die Anzahl der getankten Liter einen EInfluss auf die "Überschlagsrechung".
Der GV60 zeigt im Cockpit diverse Aufzeichnungen an:
(1) kann man im Menü zwischen "seit letztem Ladevorgang" und "seit Fahrzeugstart" konfigurieren - ich bevorzuge letzteres
(2) hat einen "Dauerzähler" (über mehrere Fahrzeugstarts/Fahrten und Ladevorgänge hinweg) - im Deutschen als "Informationen" bezeichnet
Nun, dass die beiden voneinander abweichen ist selbstredend.
(1) war meine letzte Etappe von 216 km
(2) wurde bei Start in Basel zurückgesetzt
und jetzt zum Kern des Themas:
Was habe ich auf dieser Fahrt tatsächlich an kWh in Bewegungsenergie umgesetzt?
Sind es die 26,4 [kWh/100] km aus dem Bordcomputer * 7,24 [100 km]?
Das wären rund 190 kWh.
ODER
Sind es die 166,12 kWh aus der App, die auf einen deutlich geringeren Durchschnitts-Verbrauch kommt?
Bitte beachtet, dass die App etwas unübersichtlich zweigeteilt ist. "Tag" (blauer Rahmen - relvant für die betrachtete Fahrt) und "ein Monat zurück von heute" (unterhalb als "Zeitraum" aufgeführt).
Wie kommt die App also zu dem deutlich geringeren Durchschnitts-Verbrauch?
Nun - sie zieht für die Berechnung die rekuperierten 20,49 kWh vom den real verfahrenen kWh ab und kommt somit nicht auf "knapp 190 kWh", sondern auf die gezeigten 166,12 kWh.
Sie rechnet also 166,12 [kWh] / 7,23 [100 km] = 22,97 [kWh/ 100 km]
Ich bin der Meinung, dass dies nicht korrekt sein kann. Schließlich hat jeder von uns mit dem GV60 schon gesehen, dass die Anzeige im Cockpit auch erheblich sinkt, wenn man bspw. auf der Fahrt zur Arbeit mit voller Rekuperation zum Stillstand abbremst. Heißt, die oben angezeigten 26,4 [kWh / 100 km] sind bereits unter Berücksichtigung der Rekuperation. Unterstellen wir exemplarisch der App mal, sie würde sagen wollen, man hätte 166 kWh aus Ladevorgängen und 20,5 kWh aus der Rekuperation "verfahren", käme man auf (166,12 [kWh] + 20,49 [kWh]) / 7,23 [100 km] = 25,81 [kWh / 100 km]. Nah dran an den 26,4 - wenn jetzt die 0,6 kWh Unterschied ca. die 1 1/2 Stunden Heizung/Elektronik während aller Ladevorgänge sind, wäre das irgendwie plausibel. Aber alles nur Halbwissen und daher für die Glaskugel (in der Mittelkonsole )
Die Antwort für den "richtigeren" Durchschnittsverbrauch ist nach meiner EInleitung weiter oben wenig überraschend:
Weder Cockpit noch App sind korrekt.
Da ich leider inzwischen an EnBW-Schnell-Ladesäulen ~12 Cent günstiger laden kann, als an einer privaten Wallbox in Leipzig, bin ich ausnahmsweise als Ziel direkt an den HPC und habe mich während der Ladezeit der Beschaffung von Lebensmitteln gewidmet. Damit ergeben sich folgende nachgeladene kWh für den gesamten Tag (Start: 48% SoC, Ziel: 73% Soc):
In Summe 229,53 [kWh]. Der Unterschied zu allen vorherigen: das sind die realen an - dem Eichrecht unterliegenden - Messeinrichtungen gemessenen und zu bezahlenden "echte" [kWh].
Nun habe ich keine Möglichkeit, dem GV60 zu sagen, breche bitte bei 48% SoC die Ladung ab. Auch sind die 48% dann nicht gleich den 48% vom Start*. Auch hilft mir Carscanner hier bei Start und Ziel nicht viel, da der OBD-Wert wieder nach Ladeverlusten ist. Also hilft nur, die letzte Ladung anteilig gleichmässig auf die 16%-48% SoC runterzubrechen. Das ist selbstverständlich auch nicht sauber, da bis ca. 55% mit bis zu 230 [kW], danach bis runter auf 120 [kW] geladen wurde.
0,73 [SoC Ziel] - 0,16 [SoC Start] = 0,57 [SoC nachgeladen]
benötigt für 48% SoC waren aber nur 0,32 [SoC nachgeladen]
ergibt 50,5 [kWh] / (0,57/0,32) = 28,37 [kWh]
das jetzt aufsummiert macht für 723 km inklusive Ladeverluste und ca. 1 1/2 h Heizung an den HPCs: 207,4 [kWh]*
ergibt final einen Durchschnittsverbrauch von:
207,4 [kWh] / 7,23 [100 km] = 29 [kWh / 100 km] (28,68 laut Taschenrechner)
(aus den realen Kosten dezente 11,16 €/ 100 km bei 1x IONITY, 2x EnBW im Vielfahrertarif und 2x zu 50 Cent bei "Sonstigen" ohne Berücksichtigung etwaiger Grundgebühren)
Wer's einfacher rechnen möchte: Cockpitanzeige * 1,1 (also die üblichen/oft herangezogenen 10% Verlust am HPC)
Für mich ein akzeptabler/ zu erwartender Verbrauchswert bei dem Klotz. Und es kann bekanntlich mit den wärmeren Temperaturen nur besser werden (wenn's die 21"-Sommerfelgen nicht wieder zunichte machen). Dafür kommt man mit entsprechender Routine sehr entspannt ans Ziel.
Dann schon einmal Sorry für den vielen Text - ich wollte aber einmal ein ungeschöntes (reales) Langstreckenbeispiel aufgedröselt haben.
Selbstredend, dass auf der Rückfahrt (unter exakt identischen Bedingungen) die Werte höher ausfallen, da es "bergauf" geht (von 110 m auf ca. 270 m mit diversen "Hügeln" dazwischen).
* der Vollständigkeit halber für die Transparenz: die 48% bei Start sind logischerweise nicht gleich "48%" am Ziel. Hier gibt es eine obere und untere Schwelle von rund 0,01*77,4 = 0,8 kWh. Weiterhin ist der App-Auszug über die gesamte Fahrt nach dem letzten Ladestopp (22 Minuten) + knapp 2 km zu meinem Endziel. Und auch klar, dass wir hier insgesamt (wie schon beim Verbrenner) nicht über die erste Nachkommastelle diskutieren brauchen...